Was sind Werte wert?

Wirtschaftliche Unsicherheit, geopolitische Spannungen, Kostendruck, gesellschaftliche Polarisierung. Die Herausforderungen für Unternehmen und Menschen, die wegweisende Entscheidungen treffen müssen, sind vielfältig. Der Druck ist spürbar und belastend – im Wettbewerb und im menschlichen Miteinander. In vielen Firmen geht dies alles mit einer Verschiebung im Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einher. Chefinnen und Chefs geben wieder stärker vor, wie und wo gearbeitet wird. Freiräume werden kleiner. Die Offenheit gegenüber den Bedürfnissen von Mitarbeitenden nimmt ab. Dafür wird die Abwertung von Werten lauter. Bestes Beispiel: Divers wird plötzlich woke genannt, in einer negativen Bedeutung als „übertrieben und belehrend korrekt“. Was vor ein paar Monaten noch zum guten Ton gehörte, gilt vielerorts als überzogen, auch als strategischer Luxus, den man sich jetzt sparen sollte.

Krisenzeiten verlangen allen Menschen viel ab. An jeder Stelle im Unternehmen. Aber auch im Miteinander. Allerdings wird jede Ressource stärker gebraucht als jemals zuvor. Bleiben wir beim Beispiel „Diversität“: Aus Studien namhafter Unternehmensberatungen und aufgrund eigener Erfahrungen wissen wir längst, dass gemischte Teams produktiver und innovativer sind. Ein Mehrwert. Ein Zukunftswert. Werte sind es auch, die Zugehörigkeit schaffen. Die Belegschaften resilienter machen. Damit dies gelingt, müssen sie mehr sein als ein Aushängeschild auf der Unternehmenswebseite. Ohne Bereitschaft für Inklusion und Integration bleibt Potenzial auf der Strecke. Dazu kommt, dass wir aufgrund des demographischen Wandels in nur wenigen Jahren stark auf Zuwanderung und funktionierende Konzepte angewiesen sein werden.

Die Bedeutung von Werten in der Unternehmenspraxis
Welche Chance also, dass sich Mitarbeitende genau jetzt Orientierung und Haltung von ihren Arbeitgebern wünschen. Studien zeigen: Ein klarer Wertekanon steigert nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Zudem steigt die Attraktivität einer Marke, wenn ein Haltungskern in ihr steckt. Der kürzlich veröffentlichte Haltungskompass der Agentur Brands on Mars belegt, dass Marken, die mit Diversität in Verbindung gebracht werden, den meisten Zuspruch erhalten – noch vor Nachhaltigkeit und Engagement gegen Rechtspopulismus (HORIZONT vom 23. Januar 2025). Ich bin davon überzeugt: Wer Werte nach innen lebt, strahlt sie auch nach außen aus und stärkt das Image seiner Marke – auch damit auch die Employer Brand.

Herausforderungen: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Werte glaubwürdig zu leben – auch in Krisensituationen, erfordert Mut. Fehlende Diversität in Führungsebenen, unzureichendes Engagement im Bereich soziale Nachhaltigkeit oder die bewusste Zurückhaltung bei politischen Themen zeigen, dass es oft an Konsequenz mangelt. Doch genau diese Konsequenz macht den Unterschied, wenn es um Haltung geht. So entsteht Vertrauen – sowohl bei Mitarbeitenden als auch bei Geschäftspartner:innen, Kund:innen oder Investoren.

Werte als strategisches Instrument in Zeiten des Wandels
Ein klarer Wertekompass ist nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Unternehmen, die ihre Werte ernst nehmen, profitieren von:

  • Stärkeren Mitarbeiterbindungen: Verbundenheit und Loyalität entstehen, wenn sich Mitarbeitende mit den Werten ihres Arbeitgebers identifizieren können.
  • Besserer Krisenresilienz: In unsicheren Zeiten gibt ein gemeinsames Werteverständnis Halt und Orientierung. Das motiviert und hält die Innovationskraft höher
  • Erhöhter Markenattraktivität: Kunden und Partner entscheiden sich zunehmend für Unternehmen, die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.

 

Praktische Ansätze: Werte sichtbar und lebendig machen
So können Unternehmen Werte erfolgreich in die Unternehmensstrategie integrieren:

  1. Klarheit schaffen: Werte müssen konkret definiert und verständlich kommuniziert werden.
  2. Führung als Vorbild: Werte (die Gestaltung der Debatte) gehören im C-Level angesiedelt. Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle, indem sie Werte täglich vorleben.
  3. Mitarbeitende einbeziehen: Werte sollten nicht top-down diktiert, sondern im Dialog mit dem Team entwickelt werden.
  4. Regelmäßige Überprüfung: Werte sind keine starren Gebilde, sondern müssen regelmäßig hinterfragt und weiterentwickelt werden.
  5. Verbindungen stärken: Werte erlebbar und sichtbar machen – analog und digital kommunizieren und gemeinsame Erlebnisse schaffen. Corporate Influencer Programme (Markenbotschafterprogramme) haben sich an dieser Stelle zu einem starken Hebel entwickelt und etabliert.

 

Werte als Zukunftsinvestition
Die Frage „Was sind uns Werte wert?“ sollte jedes Unternehmen als Chance begreifen, sich zu reflektieren, sich treu zu bleiben und sich gemeinsam immer wieder neu auszurichten. In einer Welt, die nach Orientierung und Haltung verlangt, sind gelebte Werte das stärkste Argument für langfristigen Erfolg – als Arbeitgeber, als Marke und als gesellschaftlicher Akteur und wenn es darum geht, Kunden oder Investoren zu überzeugen. Zudem zählen sie explizit zur sozialen Dimension der ESG-Kriterien und müssen über kurz oder lang transparent dargestellt werden.

In eigener Sache: Ich freue mich über jede:n Leser:in. Ich werte es als Kompliment, wenn Euch meine Themen interessieren und inspirieren. Gern könnt Ihr Passagen aus meinen Texten übernehmen – seid jedoch fair und kennzeichnet das mit einem Quellenverweis. Oder bittet mich um einen Gastkommentar. Gern schreibe ich diesen auch exklusiv. Danke für Euer Verständnis!

 


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    Kommunikation mit Haltung
    Alexandra Leibfried 

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