„Haltung – das kann ich nicht mehr hören!“ Oder: „Was soll das eigentlich heißen, alle reden davon, jetzt Haltung zu zeigen?!“ So lauten immer öfter Reaktionen auf Posts, Äußerungen oder Argumente in Debatten. Auch die Gegenfrage, ob eigentlich Jede:r mittlerweile Haltung zeigen müsse, bekomme ich oft gestellt.
Niemand muss, so meine Meinung. Meine Empfehlung: Freundet Euch damit an, Haltung zu zeigen. Denn die Erwartungshaltung zu klaren Wertebekenntnissen steigt und könnte bald zum guten Ton gehören. In der Rolle als Privatperson, als Teil unserer Gesellschaft, als Unternehmer:innen, als Führungskräfte oder Mitarbeitende.
So geht’s!
🎯Die Basis von Haltung ist die Auseinandersetzung mit sich selbst. „Wofür stehe ich ein und warum?“, kann sich Jede:r von uns fragen.
🎯Was aber sollte ich eigentlich tun, wenn ich Haltung zeige? Eine Haltung zeigt sich in der Fähigkeit, in herausfordernden Momenten klar und authentisch Position zu beziehen, auch wenn dies unbequem ist.
🎯Haltung bedeutet im nächsten Schritt, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu tragen und Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen.
💡Wer Haltung zeigen will, muss sich auch Gedanken über seine jeweilige Rolle in der Situation machen. Spreche oder poste ich als Privatperson? Daher mein Tipp: Die Leitplanken beachten, klären oder bestenfalls in der Debatte aushandeln.
Diese Kategorien haben sich auf LinkedIn herauskristallisiert:
Politische Haltung: Über die Demonstrationen gegen den Rechtsruck, für unsere demokratischen Grundwerte und Vielfalt in unserer Gesellschaft haben erstmals in kurzem Zeitraum viele Menschen politisch gepostet und sind in öffentlichen Räumen mit Statements darauf eingegangen. Auch wenn die Summe der Posts zu politischen Themen nicht kontinuierlich so groß geblieben ist wie zum Jahresanfang, haben sich einige starke Accounts herauskristallisiert: Franzi von Kempis, Marc Raschke, Enrico Eberlein oder Sarah Biendarra. Die Art und Weise, wie mit Themen umgegangen wird, ist grundverschieden, löst jedoch Debatten aus, inspiriert oder ist im Falle vom Unternehmen Comspace (dort ist Sarah Biendarra im HR angesiedelt) sogar preiswürdig.
Persönliche Betroffenheit wird zur Aufgabe: Annahita Esmailzadeh, Führungskraft bei Microsoft, Influencerin und Autorin, war im Sommer 2024 eine von vielen, die die Auswirkungen des Klimawandels am eigenen Leib erfuhr. Ihr Haus wurde überflutet. Sie zeigte über ihre Post direkt Empathie mit anderen Betroffenen, zollte dem unermüdlichen Einsatz des Katastrophenschutzes höchsten Respekt und greift seitdem das Thema Nachhaltigkeit ab und an ganz grundsätzlich auf.
Entwicklung und Stolpersteine: Wie begann eigentlich alles mit der Karriere? Welche Widerstände waren zu bewältigen, welche Schritte haben Mut gekostet?! Vor allem Frauen zeigen transparent, dass Wege nicht immer glatt laufen und langer Atem nötig ist. Beispielsweise Swantje Allmers, die nach ihrem Burnout vieles hinterfragte oder vor kurzem ihren Umgang mit den beginnenden Wechseljahren beschrieb. Ein weiteres schönes Beispiel findet Ihr bei Karin Lausch. Sie startet einen ihrer Beiträge mit diesen Worten: „Nein, es geht mir nicht gut. Ich würde gern behaupten, ich sei mental immer total stabil.“
Held:innen-Geschichten vs. Krisenerlebnis: Die Personal-Brand-Expertin und LinkedIn-Beraterin Selma Kuyas hat kürzlich ihre bittere Erfahrung als geteilt, die sie junge Frau und ebenfalls junge Mutter mit einem Narzissten durchleben musste (in einem Tag mehr als 68.000 Impressions, über 1300 Reaktionen). Einen Folgebeitrage widmete sie selbstbewusst den Hatern, die sie ua als „dümmste Person auf Erden“ bezeichneten.
Solidarität bei Bashing und Hate Speech: Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) wird nach Bekanntgabe der Trennung von ihrem Ehemann mit Spott und Häme überzogen. Bereits nach einigen Stunden begannen Menschen, sich mit eigenen Posts gegen diese Art der Behandlung zu stellen. Zum einen, um der Politikerin ihre Solidarität zu bekunden, zum anderen, um generell gegen die Verurteilung von Karrierefrauen vorzugehen. Wird über Trennung geschrieben oder diskutiert, richtet sich die Schuldfrage oft gegen die Frauen. Andrea Hartmair, CEO von Goldstück, hat einen starken Beitrag geschrieben, der viele und konstruktive Reaktionen bekam.
Das „gemeinsame“ Foto: Beispielsweise mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, das sowohl Tijen Onaran oder Laura Lewandowski gepostet haben (auch andere, die beiden Unternehmer:innen habe ich herausgegriffen, weil sie mit viel Fingerspitzengefühl vorgegangen sind). Solch ein Post ist eine Möglichkeit, Zugewandtheit für bestimmte Themen zu zeigen, ohne Expert:in sein zu müssen. Ich finde, dass ein Foto mit einem Idol oder Vorbild jedoch auch misslingen kann. Der Inhalt sollte immer im Vordergrund stehen.
Die Serie: Ein Recruitingprozess für das Besetzen einer C-Level-Stelle in 6 Beiträgen. 30 Learnings bis zum 30. Geburtstag. Bald auch 24 Karrieretipps als Adventskalender?! Serien nehmen Fahrt auf. Aber Vorsicht! Gelingt nicht immer, weil manchmal zu viel Selbsterfahrung und zu wenig Haltung drinnen steckt.
Die Reise: Mit dem Fahrrad zur Weltklimakonferenz – Stationen mit Reflektionen zu Umweltthemen und Außenpolitik. Spannend und lesenswert bei Ingwar Perowanowitsch
Fazit:
Haltung ist mehr als eine Meinung – es ist ein gelebter Ausdruck von Überzeugungen, der sich durch Konsistenz, Authentizität und Mut auszeichnet. Für Unternehmen bedeutet Haltung, Werte greifbar zu machen, sich gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen – nach innen und nach außen. Einige Unternehmen, darunter Comspace mit People & Culture Managerin Sarah Biendarra, habe eine eigene Corporate Political Responsibility für sich entwickelt. Dafür ist das Unternehmen mit dem Sonderpreis Mittelstand vom Magazin Personalwirtschaft ausgezeichnet worden.